Irgendwo weit hinten in der Kommode stapeln sich die Erinnerungsschachteln, liegt ein altes Tagebuch, in Leder gebunden und versehen mit einem winzigen Schloss. Die Worte darin handgeschrieben und mit nichts verlinkt als mit dem tiefen Gefühl eines längst vergangenen Augenblicks. Das Private ein wohlgehütetes Gut, nur der besten Freundin erzählt von Angesicht zu Angesicht. Alles persönlich und wahr, sentimental oder kämpferisch oder voller Ironie, auf jeden Fall aber flüchtig. Eine Momentaufnahme. Unsinn reden und lachen und vergessen. Und kaum jemals eine Kamera dabei. Mit eigenen Augen sehen. Graue Zellen speichern den Sonnenuntergang und die Milchstraße in tiefschwarzer Nacht. Und nirgends eine Cloud.
Ja, die Zeit der in Leder gebundenen Tagebücher ist wohl vorbei. Heute schreiben wir weblog.
Und ich entsinne mich dieser Poesiealben. Die waren mit Glitzerbildchen. Die Texte waren meist blöd. Aber die Bildchen haben mir gefallen.
LikenLiken
So ein Tagebuch besitze ich auch noch! In Kunstlederrot. Vorn ein Mädchen. Blonde lange Haare, weißes Shirt, bunte Hose, sitzt auf einem Hocker. Das Lesebändchen baumelt aus der Tagebuchmitte.
Der Schlüssel dazu ist verschwunden. Und ich weigere mich, das Schloss aufzubrechen.
Verschlossene Privatheit!
Manche Dinge sollten allein der Erinnerung gehören!
LikenLiken