Ricarda de Haas
Ältere Frau auf buntem Fahrrad.
Sie bremst scharf, steht.
Vor ihr quert eine junge Frau. Vermutlich Frau.
Geht, schreitet. Unberührt vom Verkehr, den Blicken.
Schmale Beine in engen schwarzen Hosen, Stiefel, Lederjacke.
Rot leuchtendes Schottenröckchen.
Um die Schultern wippen schwarze dichte Strähnen.
Das Gesicht davon verborgen, umhüllt.
Wer ist sie?
Ein Goth aus den 80ern, auf der Suche nach dem verschwundenen Kreuzberg?
Eine Manga Figur? Afrofuturistisches Model? Riot Grrrl?
In diesem Kiez, in dem nichts je erschütterte, drehen alle sich um.
Als hätte ein Baum sich keck aufgemacht, urbanes Leben zu erkunden.
Zarte Weidewurzeln aus Erde und Wasser gezogen.
Kariertes Schürzchen umgeschnallt.
Und spazierte nun, mit stolz ausladender Krone, neben der Hochbahn.
Der schmale Stamm von dicht belaubten Zweigen umspielt.
Die ältere steht noch immer, schaut. Sehnsucht im Blick.
Fährt mit der Hand durch kurzes Haar. Was sieht sie?
Ihre eigene verwegene Jugend?
Die Freiheit, alles zu wagen, zu sein?
So sichtbar, und doch geschützt.
Der Verkehr rollt an. Die Geräusche kommen zurück.
Das Baummädchen verschwindet.
Die andere steigt in die Pedale.
In ihrem Gesicht zeigt sich Glück.
Toller Text, irgendwie raumgreifend bei so viel Präsenz
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danke 🙂
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Vielleicht wollte sie nach Leipzig auf die Buchmesse. 😉
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Ja, die Mangas bei der Buchmesse sind toll.. aber die kommen in Gruppen, da ist es leicht, mutig zu sein.
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Wie schön, dass sich jemand traut, anders zu sein, eine Freude!!!!!
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Ja, das fand ich auch. Die musste ich einfach festhalten.
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Das Glück springt beim Lesen direkt auf mich über. Danke für diesen Text.
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Wie schön! Das Glück springt mich selbst an beim Lesen. Danke für diesen Text!
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